Katrin Raabe erzählt:
In einem kleinen Lederkästchen fanden wir dieses „Arbeitsbuch” meiner Großmutter. Ein interessanter Fund, denn in diesem Arbeitsbuch sind alle Arbeitgeber meiner Großmutter verzeichnet.
Arbeitsbücher wurden - nach einem Gesetz von 26.Februar 1935, RGBl. I, S. 311 - schrittweise für alle erwachsenen Arbeitnehmer eingeführt. Die Arbeitsbücher sollten „die zweckentsprechende Verteilung der Arbeitskräfte in der deutschen Wirtschaft [...] gewährleisten”.
Ausführliche Informationen zum Thema sind auf Wikipedia zu finden: www.de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsbuch.
Im Arbeitsbuch meiner Großmutter sind - neben dem Textilhaus Brummer & Benjamin und dem Modehaus Eichenauer in Halle - auch zwei Arbeitgeber im damals besetzten Lothringen aufgeführt: Die Modewerkstätten „Otto Suck” und die Gemeindeverwaltung von „Deutschoth” (Audun-le-Tiche).
Mit diesen Informationen konnten wir weiter recherchieren und fanden heraus, dass es sich bei Otto Suck um einen Deutschen handelte, der die Luxemburger Firma 1930 übernommen hat. Bei den „Modewerkstätten” handelte es sich um eine Werkstatt für „Maßfertigungen”, die in Esch-sur-Alzette in Luxemburg Uniformen und Berufskleidung herstellte. Meine Oma leitete nach unserem Wissen eine Filiale der Firma in Deutschoth.
Die Erwähnung der Firma im sog. „Kreisleiterprozess“ und ein Leserbrief im Escher Tageblatt vom 22. Januar 1945 lassen den Schluss zu, dass die Firma Otto Suck auch Zwangsarbeiterinnen beschäftigte. Ein „Man vun der Strôß” schreibt in seinem Leserbrief:
Zu Esch haten d'Preisen de' gro'β „Modewerkstätten”, wo' se preisesch Uniformen fabrize'ert hun. Do waren e puer Honnert freiwölleg an onfreiwölleg Fraleit beschäftegt. An dene verschiddenen Lokalen stongen iwer Honnert elektresch Bitzmaschinen.
(In Esch hatten die Preußen die großen „Modewerkstätten”, wo sie preußische Uniformen hergestellt haben. Da waren ein paar Hundert freiwillige und unfreiwillige Frauen beschäftigt. An den verschiedenen Orten standen über Hundert elektrische Nähmaschinen.)
Weitere Informationen und Fotos zur Firma Otto Suck sind auf der Seite www.industrie.lu/SuckOtto.html zu finden.