Kolonialschule Witzenhausen: Kontinuitätslinien von Kolonialismus, Rassismus, Völkermord zum Nationalsozialismus
Donnerstag, 26.1.2017 um 19:00 Uhr
Foyer Felix-Klein-Gymnasium, Böttingerstr. 17 in Göttingen
Vortrag von Roland Laich
Der Vortrag zur Geschichte der Kolonialschule Witzenhausen beleuchtet die Entwicklung expansiv-imperialer Ansätze für deutsche „Schutzgebiete“ hin zu völkisch-rassistischen Grundlagen für die Eroberung, Vernichtung und Neubesiedlung in Osteuropa während des Nationalsozialismus („Generalplan Ost“).
Koloniale Tatorte werden in Göttingens Nähe wenig vermutet. Doch ausgerechnet im beschaulichen Witzenhausen wurde 1898 die „Deutsche Kolonialschule“ als zentrale landwirtschaftliche Ausbildungsstätte für deutsche Kolonien gegründet. Bereits ihre Gründungsidee fußte auf Rassismus und „Herrenmenschen“-Ideologie. Kolonialschüler beteiligten sich später am Völkermord an Herero und Nama.
Fanatischer Antisemitismus unter Schülern und Lehrenden machte die Schule zur regionalen Keimzelle des aufkommenden Nationalsozialismus. Bereits 1931 kam es zu einem antisemitischen Pogrom, als Kolonialschüler ein Lager des jüdischen Wanderbundes Brith Haolim angriffen. Einen Tag vor den reichsweiten Pogromen 1938 wurde die Witzenhäuser Synagoge erst geplündert, später niedergebrannt.
Die völkisch-agrarische Siedlungsbewegung der „Artamanen“ fand unter den Kolonialschülern Anhänger wie Richard Walther Darré, den späteren „Reichsbauernführer“ und Leiter des SS-„Rasse- und Siedlungshauptamts“. Unter dem Kampfbegriff „Neuadel aus Blut und Boden“ sollten „Artamanen“ als „Wehrbauern“ die entvölkerten Gebiete besiedeln und eine Grundlage zur Zucht einer „arischen“ Rasse bilden.
Abschließend werden Konituitätslinien in diesem Geist bis in die heutige Zeit aufgezeigt: Seit einigen Jahren existieren wieder „völkische“ Höfe und Siedlungen nach Vorbild der „Artamanen“. Sie betreiben „artgerechten“ Ökolandbau, verkaufen ihre Produkte in Hofläden und drängen in die ländlichen Sozialstrukturen.
Weiterführende Infos zum Thema des Vortrags können Sie hier lesen.
Veranstaltet vom DGB-Kreisverband Göttingen in Kooperation mit unserem Verein im Rahmen der Ausstellungsreihe „Schwarze Lebensrealitäten in Deutschland — zwischen kolonialen Kontinuitäten und Widerstand“ , welche das diesjährige Schwerpunktthma der Göttinger Veranstaltungsreihe „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Veranstaltungsreihe: 9. November - 27. Januar” bildet.
Die Veranstaltungsreihe wird seit 1997 organisiert von einem Bündnis, zu dem sich verschiedenste gesellschaftliche Initiativen und Einrichtungen zusammengeschlossen haben.
Link zur Veranstaltungsankündigung als Teil der Ausstellungsreihe: „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus” – Veranstaltungen im Januar 2017.
Zur Herstellung „arischer“ Körperlichkeit und Empfindung in der völkischen Bewegung (1900 - 1935)
Dienstag, 24.1.2017 um 19:00 Uhr
Foyer Felix-Klein-Gymnasium, Böttingerstr. 17 in Göttingen
Vortrag von Anna Danilina, Historikerin am Center for the History of Emotions / Humboldt-Universität zu Berlin
Um unterschiedliche Formen und Funktionsweisen von Rassismus zu verstehen, sollte auch untersucht werden, wie „Rasse“ und „Weißsein“ konstruiert werden — und zwar nicht nur als ideologische Begriffe, sondern als eine erlernte Empfindung und Selbstwahrnehmung. In der „völkischen Bewegung“ im deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik wurde versucht, durch „artgerechte Praktiken“ wie die Runengymnastik und den Tanz ein Gefühl und eine Körperlichkeit der „arischen Rasse“ einzuüben. Der Vortrag erläutert wie die Völkischen die eigene „Rasse“ als sittliche, moralische, emotionale und körperliche lernen und festigen wollten. Das „arische“ Selbstverständnis war dabei einerseits stets an die Betrachtung des „schwarzen“, „jüdischen“ und „indischen“ Anderen gebunden. Andererseits lässt es sich nur vor dem Hintergrund einer kolonialen Welt und eines globalen Herrschaftsgefüges begreifen.
Die Veranstaltungsreihe wird seit 1997 organisiert von einem Bündnis, zu dem sich verschiedenste gesellschaftliche Initiativen und Einrichtungen zusammengeschlossen haben.
Link zur Veranstaltungsankündigung als Teil der Ausstellungsreihe: „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus” – Veranstaltungen im Januar 2017.
„Unsere Farm in Zhengistan“ — Über doppelte Standards und koloniale Denkmuster
Mittwoch, 18.1.2017 um 19:00 Uhr
Foyer Felix-Klein-Gymnasium, Böttingerstr. 17 in Göttingen
Vortrag von Prof. Aram Ziai, Universität Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften
Postkoloniale Studien vertreten die These, dass sich auch heute, lange nach der Unabhängigkeit der allermeisten Kolonien, koloniale Prägungen und Denkmuster auffinden lassen. Der Vortrag illustriert diese These anhand aktueller Beispiel und anhand des gegenwärtigen Umgangs mit der deutschen Geschichte. — Was das mit Zhengistan zu tun hat und um welche Farm es dabei geht, wird erst im Vortrag verraten.
Info: Die wesentlichen Inhalte des Vortrags sind am Anfang der Leseprobe (PDF) des vom Prof. Aram Ziai herausgegebenen Sammelbands „Postkoloniale Politikwissenschaft“ nachzulesen.
Veranstaltet von NS-Familien-Geschichte: hinterfragen – erforschen – aufklären e.V. in Kooperation mit dem DGB-Kreisverband Göttingen im Rahmen der Ausstellungsreihe „Schwarze Lebensrealitäten in Deutschland — zwischen kolonialen Kontinuitäten und Widerstand“ , welche das diesjährige Schwerpunktthma der Göttinger Veranstaltungsreihe „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Veranstaltungsreihe: 9. November - 27. Januar” bildet.
Die Veranstaltungsreihe wird seit 1997 organisiert von einem Bündnis, zu dem sich verschiedenste gesellschaftliche Initiativen und Einrichtungen zusammengeschlossen haben.
Link zur Veranstaltungsankündigung als Teil der Ausstellungsreihe: „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus” – Veranstaltungen im Januar 2017.
Der Wahrheit auf der Spur
Wie recherchiert man die Beteiligung von Familienmitgliedern am Nationalsozialismus?
Donnerstag, 5.1.2017 um 19:00 Uhr
Apex, Burgstraße 46 in Göttingen
Vortrag und Diskussion im Rahmen der Göttinger Veranstaltungsreihe
„Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Veranstaltungsreihe: 9. November - 27. Januar”
Die Veranstaltung will anregen, sich mit der NS-Vergangenheit der eigenen Familie auseinander zu setzen und dazu Hilfestellung geben.
Am Beispiel dreier realer Recherchen in Luxemburg, Frankreich und Italien wird gezeigt, wie erkenntnisreich solche Nachforschungen sind. Anschließend werden die unterschiedlichen Methoden zum Recherchieren erläutert.
Kolportierte Anekdoten über den Onkel bei der Wehrmacht und Sätze wie „Oma war immer gegen Hitler" kennen wir alle. Die Zeit ist günstig, tradierten Familienlegenden auf den Grund zu gehen. Gerade heute lassen sich Werdegänge verwandter Personen im Nationalsozialismus oft detailliert nachvollziehen und belegen.
Eine wichtige Quelle sind Archive: Dokumente aus der NS-Zeit sind heute meist gut zugänglich. In den vergangenen zwei Jahrzehnten entstanden viele Gedenkstätten und Museen im In- und Ausland zur Dokumentation von NS-Verbrechen, deren Opfer und Widerstand. LokalhistorikerInnen vor Ort haben viele Informationen zusammengetragen. Eine weitere wichtige Quelle sind ZeitzeugInnen im Ausland. Noch hat man Gelegenheit, sie zu fragen. Auch das Internet ist zur Fundgrube für historische Informationen geworden.
Veranstaltet von unserem Verein.
Das Handout mit Tipps zur Recherche können Sie hier herunterladen.
Die Veranstaltungsreihe wird seit 1997 organisiert von einem Bündnis, zu dem sich verschiedenste gesellschaftliche Initiativen und Einrichtungen zusammengeschlossen haben.
Link zur Veranstaltungsankündigung: „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus” – Veranstaltungen im Januar 2017.
Aktuelles
Gedenkprojekt Palzem/ Nennig

Die französischen Staatsbürger und Widerstandskämpfer Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck wurden am 4. September
1944 verhaftet und nach bisherigem Kenntnisstand am 8. September 1944 in Palzem erschossen. Edmond Helck war 16 Jahre alt.
Am 8. oder 9. September 1944 wurden die französischen Staatsangehörigen Georges Claudon und Germaine Causier sowie Emile Deiskes in Nennig erschossen. Die luxemburgisches Staatsbürger Michael Bockler und Nicolas Weiwers wurden am 2. oder 3. September in Dudelange
festgenommen und vermutlich in Nennig erschossen. Die genauen Umstände sind ungeklärt.
Die Täter wurden für ihre Taten nicht verurteilt.
Bis heute gibt es keine Form des Gedenkens an die Ermordeten.
Dies möchten wir ändern. Weiterlesen ...
Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
Unser Verein ist Mitglied im Bündnis "Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus".
Unsere Social Media Accounts:
Instagram: @gedenken.an.die.opfer.des.ns
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Twitter: @gedenken_goe
Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen — Vortrag mit Achim Doerfer
Achim Doerfer ist stellvertretender Vorstand der Liberalen Jüdischen Gemeinde Göttingen und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen.
Diese Veranstaltung fand statt im Rahmen der Göttinger Veranstaltungsreihe
„Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Veranstaltungsreihe: 9. November - 27. Januar”
Die Dokumentation unserer Veranstaltung am 27.1.2022 im Alten Rathaus in Göttingen ist jetzt online:
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Zum Inhalt der Veranstaltung:
Doerfer räumt auf mit dem falschen Narrativ, jüdische Menschen hätten sich widerstandslos „wie die Schafe zur Schlachtbank“ führen lassen. Genau das Gegenteil war der Fall, selbst dieses Zitat wurde verdreht. Denn es entstammt einem Aufruf, kurz vor der Wannseekonferenz gerichtet an die 10 Millionen jüdischer Menschen in Europa, eben gerade NICHT „wie die Schafe zur Schlachtbank“ zu gehen. In Folge leisteten jüdische Frauen und Männer den in Relation gesetzt mit Abstand größten Anteil am Widerstand gegen den Faschismus: Bereits in den internationalen Brigaden in Spanien, im französischen Exil in der Résistance, bei den osteuropäischen Partisan*innen, in der Jüdischen Brigade der Britischen Armee, um nur einige Beispiele zu nennen. Nach dem Ende des Nazifaschismus gingen in Norditalien, Österreich und Süddeutschland einige jüdische Kämpfer regelrecht auf Jagd nach Haupttätern und töteten eine erhebliche Anzahl von ihnen. Aber keine Straße, keine Schule, so gut wie nichts erinnert in Deutschland an die zahllosen Frauen und Männer des machtvollen jüdischen Widerstands.
Weiterlesen ...Broschüre über die Verbrechen des Sicherungsregiments 1000 und des SD im französischen Bourg-Lastic im Sommer 1944
Please see English version below.
Broschüre von Laurent Battut:
„Les crimes de Bourg-Lastic - La brigade Jesser entre Auvergne et Limousin, 1944“
Vom 9. Juli bis zum 22. August 1944 war das Dorf Bourg-Lastic Schauplatz mehrerer Verbrechen der „Brigade Jesser“. Bourg-Lastic ist ein Dorf in der Auvergne mit 1400 Einwohner*innen, gelegen an der Grenze zwischen den Departements Puy-de-Dôme und Corrèze. Die „Brigade Jesser“ war eine deutsche Militäreinheit, deren Auftrag die Bekämpfung des französischen Widerstands war. Ihre wichtigste Untereinheit war das Sicherungsregiment 1000.
Am rätselhaftesten geblieben sind die Attentate vom 15. Juli 1944: In den frühen Morgenstunden wurden 23 Männer erschossen. Zuvor gab es in der Region eine Woche lang Razzien, Verhaftungen, Verhöre und die Aussonderung von Geiseln. Die Geiseln wurden fünf Tage und sechs Nächte lang festgehalten.
Weiterlesen ...Aufruf an Angehörige ehemaliger Mitglieder des Sicherungsregiments 1000 (motorisiert)
Please see English version below.
Über das Sicherungsregiment 1000 (motorisiert) ist bislang relatv wenig bekannt. Im Frühjahr und Sommer 1944 war es als Teil der „Brigade Jesser“ eingesetzt im Kampf gegen die erstarkende Résistance in Zentralfrankreich.
Peter Lieb attestiert in seinem Standardwerk „Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte“ (Hrsg. Institut für Zeitgeschichte, Band 69, R. Oldenbourg Verlag München, 2007) eine „miserable Quellenlage“ zu den Sicherungsregimentern und –bataillonen. So findet sich dort auch nur ein einziger ungenauer Hinweis auf das Sicherungsregiment 1000 im Zusammenhang mit den Kämpfen am Mont Mouchet am 10./11. 6. 1944 in einer Fußnote.
Ganz neu erschienen ist die französichsprachige Broschüre „Les crimes de Bourg-Lastic – La Brigade Jesser entre Auvergne et Limousin 1944“ von Laurent Battut, Editions Lamarque Historique, ISBN 978-2-490643-59-2. Sie hat einen zwar begrenzten, aber bedeutsamen Teil des Agierens der Brigade Jesser und des Sicherungsregiments 1000 zum Thema.
Es hat sich zwischenzeitlich eine kleine Arbeitsgruppe gebildet, darunter Familienmitglieder ehemaliger Angehöriger des Sicherungsregiments 1000. Wir tauschen Quellen ganz unterschiedlicher Herkunft aus und werten diese aus. Diese umfassen z.B. Kriegstagebücher deutscher Armeestäbe, deutsche Feldpostbriefe aus Privatbesitz, Auskünfte von Archiven etc..
Um die Quellenlage der historischen Forschung zu verbessern, starten wir hiermit einen Aufruf an die Familien ehemaliger Angehöriger des Sicherungsregiments 1000, uns ihre in Privatbesitz befindliche Dokumente, Feldpostbriefe, Postkarten, Fotos und andere Zeugnisse in Kopie zur Verfügung zu stellen.
Ebenso bitten wir Angehörige ehemaliger Mitglieder der alliierten Armeen uns Dokumente über das Sicherungsregiment 1000 zur Verfügung zu stellen, die sich eventuell in ihrem Besitz befinden könnten.
Im Gegenzug bieten wir unsere bisherigen Kenntnisse und weiteren Austausch an.
Eine Kontaktaufnahme ist möglich per Email an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Da das Sicherungsregiment 1000 aus insgesamt ca. 1500 Soldaten bestand, dürften sich viele Dokumente im Privatbesitz der Familien ehemaliger Regimentsangehöriger befinden. Eine Zugehörigkeit ist anhand der Feldpostnummer einfach zu verifizieren. Diese sind an dieser Stelle aufgelistet.
Auch die beim Bundesarchiv angesiedelte ehemalige Deutsche Dienststelle (WASt) kann Auskunft über eine Zugehörigkeit zum Regiment geben.
Werden Sie Teil einer sehr interessanten und lehrreichen Arbeit über ein Thema das noch wenig beforscht ist.
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