Aufmarsch deutscher Faschisten im besetzten Vercelli – aus dem Fotoalbum
Die selbe Straße in Vercelli im Jahr 2016
Die Recherche der Referentin unseres Vereins begann mit einem Fotoalbum aus dem Krieg, ein paar Ortsnamen und einigen Familienerzählungen. In ihrem Vortrag erzählt sie davon, an welche Orte ihre Spurensuche sie geführt hat. Anhand einiger Beispiele berichtet sie von den „Bandenbekämpfungsaktionen“ des 15. SS-Polizeiregiments in Oberitalien und zeichnet Werdegänge einzelner beteiligter Polizisten bis in die 1970er Jahre nach.
Dass die Wehrmacht zahlreiche Kriegsverbrechen begangen hat, ist mittlerweile bekannt. Bezogen auf die Polizei ist bis heute gängige Meinung, dass der Vernichtungskrieg im Osten und auch die Massaker in West- und Südeuropa in der späteren Phase des Kriegs von „der SS“ durchgeführt wurden. Tatsächlich wurde das Personal der Einsatzgruppen vielerorts zu erheblichen Teilen von der Ordnungspolizei gestellt. Ghettos wurden von Ordnungspolizisten bewacht, ebenso die Deportationszüge in die Vernichtungslager. Einige Ghettos wurden von Polizeibataillonen liquidiert. Die Gaswagen wurden unter der Leitung eines Polizeioffiziers entwickelt. Eine strafrechtliche Aufarbeitung der Verbrechen der Ordnungspolizei fand nach 1945, wenn überhaupt, nur für die Führungsebene statt. Bei der Neuaufstellung der westdeutschen Polizei wurden fast alle Täter der mittleren und unteren Dienstränge wiedereingestellt und nahmen großen Einfluss auf die nachfolgende Generation, etliche davon als Ausbilder.
Kolonne des 15. SS-Polizeiregiments in Norditalien – aus dem Fotoalbum
Wintereinsatz des 15. SS-Polizeiregiments in Norditalien – aus dem Fotoalbum
Im September 1944 kam es auf den Friedhöfen von Palzem und Nennig zu Erschießungen von Widerstandskämpfer:innen. Die französischen Staatsbürger und Widerstandskämpfer Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck wurden am 4. September 1944 verhaftet und nach bisherigem Kenntnisstand am 8. September 1944 in Palzem erschossen. Edmond Helck war 16 Jahre alt.
Am 8. oder 9. September 1944 wurden die französischen Staatsangehörigen Georges Claudon und Germaine Causier sowie Emile Deiskes in Nennig erschossen. Die luxemburgisches Staatsbürger Michael Bockler und Nicolas Weiwers wurden am 2. oder 3. September in Dudelange festgenommen und vermutlich in Nennig erschossen. Die genauen Umstände sind ungeklärt.
Die Täter wurden für ihre Taten nicht verurteilt. Bis heute gibt es keine Form des Gedenkens an die Ermordeten. Dies möchten wir ändern.
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Die Dokumentation unserer Veranstaltung am 27.1.2022 im Alten Rathaus in Göttingen ist jetzt online:
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Zum Inhalt der Veranstaltung:
Doerfer räumt auf mit dem falschen Narrativ, jüdische Menschen hätten sich widerstandslos „wie die Schafe zur Schlachtbank“ führen lassen. Genau das Gegenteil war der Fall, selbst dieses Zitat wurde verdreht. Denn es entstammt einem Aufruf, kurz vor der Wannseekonferenz gerichtet an die 10 Millionen jüdischer Menschen in Europa, eben gerade NICHT „wie die Schafe zur Schlachtbank“ zu gehen. In Folge leisteten jüdische Frauen und Männer den in Relation gesetzt mit Abstand größten Anteil am Widerstand gegen den Faschismus: Bereits in den internationalen Brigaden in Spanien, im französischen Exil in der Résistance, bei den osteuropäischen Partisan*innen, in der Jüdischen Brigade der Britischen Armee, um nur einige Beispiele zu nennen. Nach dem Ende des Nazifaschismus gingen in Norditalien, Österreich und Süddeutschland einige jüdische Kämpfer regelrecht auf Jagd nach Haupttätern und töteten eine erhebliche Anzahl von ihnen. Aber keine Straße, keine Schule, so gut wie nichts erinnert in Deutschland an die zahllosen Frauen und Männer des machtvollen jüdischen Widerstands.
„Les crimes de Bourg-Lastic - La brigade Jesser entre Auvergne et Limousin, 1944“
Vom 9. Juli bis zum 22. August 1944 war das Dorf Bourg-Lastic Schauplatz mehrerer Verbrechen der „Brigade Jesser“. Bourg-Lastic ist ein Dorf in der Auvergne mit 1400 Einwohner*innen, gelegen an der Grenze zwischen den Departements Puy-de-Dôme und Corrèze. Die „Brigade Jesser“ war eine deutsche Militäreinheit, deren Auftrag die Bekämpfung des französischen Widerstands war. Ihre wichtigste Untereinheit war das Sicherungsregiment 1000.
Am rätselhaftesten geblieben sind die Attentate vom 15. Juli 1944: In den frühen Morgenstunden wurden 23 Männer erschossen. Zuvor gab es in der Region eine Woche lang Razzien, Verhaftungen, Verhöre und die Aussonderung von Geiseln. Die Geiseln wurden fünf Tage und sechs Nächte lang festgehalten.
Über das Sicherungsregiment 1000 (motorisiert) ist bislang relatv wenig bekannt. Im Frühjahr und Sommer 1944 war es als Teil der „Brigade Jesser“ eingesetzt im Kampf gegen die erstarkende Résistance in Zentralfrankreich.
Peter Lieb attestiert in seinem Standardwerk „Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte“ (Hrsg. Institut für Zeitgeschichte, Band 69, R. Oldenbourg Verlag München, 2007) eine „miserable Quellenlage“ zu den Sicherungsregimentern und –bataillonen. So findet sich dort auch nur ein einziger ungenauer Hinweis auf das Sicherungsregiment 1000 im Zusammenhang mit den Kämpfen am Mont Mouchet am 10./11. 6. 1944 in einer Fußnote.
Ganz neu erschienen ist die französichsprachige Broschüre „Les crimes de Bourg-Lastic – La Brigade Jesser entre Auvergne et Limousin 1944“ von Laurent Battut, Editions Lamarque Historique, ISBN 978-2-490643-59-2. Sie hat einen zwar begrenzten, aber bedeutsamen Teil des Agierens der Brigade Jesser und des Sicherungsregiments 1000 zum Thema.
Es hat sich zwischenzeitlich eine kleine Arbeitsgruppe gebildet, darunter Familienmitglieder ehemaliger Angehöriger des Sicherungsregiments 1000. Wir tauschen Quellen ganz unterschiedlicher Herkunft aus und werten diese aus. Diese umfassen z.B. Kriegstagebücher deutscher Armeestäbe, deutsche Feldpostbriefe aus Privatbesitz, Auskünfte von Archiven etc..
Um die Quellenlage der historischen Forschung zu verbessern, starten wir hiermit einen Aufruf an die Familien ehemaliger Angehöriger des Sicherungsregiments 1000, uns ihre in Privatbesitz befindliche Dokumente, Feldpostbriefe, Postkarten, Fotos und andere Zeugnisse in Kopie zur Verfügung zu stellen.
Ebenso bitten wir Angehörige ehemaliger Mitglieder der alliierten Armeen uns Dokumente über das Sicherungsregiment 1000 zur Verfügung zu stellen, die sich eventuell in ihrem Besitz befinden könnten.
Im Gegenzug bieten wir unsere bisherigen Kenntnisse und weiteren Austausch an.
Da das Sicherungsregiment 1000 aus insgesamt ca. 1500 Soldaten bestand, dürften sich viele Dokumente im Privatbesitz der Familien ehemaliger Regimentsangehöriger befinden. Eine Zugehörigkeit ist anhand der Feldpostnummer einfach zu verifizieren. Diese sind an dieser Stelle aufgelistet.
Auch die beim Bundesarchiv angesiedelte ehemalige Deutsche Dienststelle (WASt) kann Auskunft über eine Zugehörigkeit zum Regiment geben.
Werden Sie Teil einer sehr interessanten und lehrreichen Arbeit über ein Thema das noch wenig beforscht ist.