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Im September 1944 – kurz vor der Befreiung Luxemburgs – verhaftete die Gestapo Widerstandskämpfer/innen in Frankreich und Luxemburg und brachte sie über die Grenze nach Deutschland, wo sie auf den Friedhöfen von Palzem und Nennig ermordet wurden. Friedrich Schmidt war an diesen Morden beteiligt.

Erschießungen in Palzem

Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck

Am 4. September 1944 griffen französische Widerstandskämpfer der F.F.I. Gruppe "Cosson" an der Straßenkreuzung der „Route National Nr. 381” und der Straße von Murville nach Landres deutsche Soldaten an. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem die Cousins Paul und Yves Kauffman, beide 17 Jahre alt und Minenarbeiter sowie Alexandre Caponi (36) getötet wurden.1

Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck wurden verhaftet und in der Villa Pauly verhört. 2
Vermutlich am 8. September 1944 wurden sie in den kleinen Ort Palzem an der Mosel gebracht und dort ermordet. 3

Edmont Helck war 16 Jahre alt.

Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck wurden nach dem Krieg nach Piennes überführt und dort unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.


Marcel Voyat, Henri Uguccioni und Edmond Helck sind an der Gedenkstätte der Résistance auf dem Friedhof in Piennes beigesetzt.

Die Bilder bitte anklicken. Weitere Informationen und Übersetzungen der Inschriften erscheinen in der Vergrößerung.

 

Erschießungen in Nennig

Michael Bockler (*1906) und Nicolas Weiwers (*1910)

Die luxemburgisches Staatsbürger Michael Bockler, Hilfsarbeiter und Nicolas Weiwers, Blechwalzer wurden am 2. oder 3. September in Dudelange festgenommen. Die Stadtbevölkerung erwartete zu diesem Zeitpunkt bereits die Ankunft der amerikanischen Truppen, als eine SS-Einheit erschien und in die Menge schoß. Sechs Menschen, darunter ein Kind, kamen ums Leben. Vier weitere Menschen, darunter Bockler und Weiwers, wurden deportiert. 

Laut Ermittlungsakten warf man ihnen die „Plünderung” der Wohnung eines in die Wehrmacht eingezogenen Luxemburgers vor. Ihr Tod wurde vom Leiter der Gestapo Walter Runge beschlossen und Friedrich Schmidt wurde mit der Hinrichtung beauftragt.

Die französischen Staatsangehörigen Georges Claudon und Germaine Causier wurden, wahrscheinlich aufgrund einer Anzeige, von einer Einheit der Wehrmacht in Audun-le-Roman (Meurthe-et-Moselle) in der Nacht auf den 5. oder 6. September verhaftet und der Gestapo übergeben und am 9. November in Nennig erschossen.

Georges Claudon (*1883)

Claudon war ein französischer Reserveoffizier 4. Er wurde 1883 in Pont-à-Mousson geboren. Sein letzter Wohnsitz war die Place de Hotel de ville in Audun-le-Roman.
George Claudon ist auf dem Friedhof in Audun-le-Roman beerdigt. Sein Leichnam wurde anhand seines Anzugs von seiner Frau identifiziert.

Germaine Causier, geb. Ecolan (*1902)

Germaine Causier wurde 1902 in Dinan, Cote du Nord geboren und lebte zuletzt in der Rue Albert Lebrun in Audun-le-Roman. Germaine Causier gehörte der Widerstandsgruppe F.T.P.F. 5 an, in der sie unter dem Psyeudonym "Eliane" aktiv war. 6

Emile Deiskes (*1919)

Der luxemburgische Fabrikarbeiter Emile Deiskes wurde 1919 in Kayl geboren. Er wurde vermutlich Anfang September durch den Bannführer Siegfried Hoffman verhaftet als er gemeinsam mit einem Freund Fahrräder vor den Deutschen in einer Werkstatt verstecken wollte. Beim Verlassen der Werkstatt wurden beide von Deutschen gestellt und durchsucht.
Bei der Durchsuchung fand man bei Deiskes ein rot-weiß-blaues Bändchen, Patronen und eine Waffe. Laut der Zeugenaussage seines Begleiters wurde Deiskes während der Verhaftung von Hoffman mehrfach heftig an den Kopf geschlagen und mit Fußtritten so misshandelt, dass er das Bewusstsein verlor.7

Emile Deiskes wurde am 9. September um 19 Uhr auf dem Friedhof des Dorfes Nennig in Deutschland ermordet.8

Die Leichen von Germaine Causier und Emile Deiskes wurden zunächst nackt verscharrt, ihre Trauringe durch die Totengräber Heindrich Reinert und Peter Schettgen entwendet.

Die Leichen von Germaine Causier und Georges Claudon wurden repatriiert und am 11. Januar 1946 in Audun-le-Roman beigesetzt.
Germaine Causiers Name ist auf dem Kriegerdenkmal ("monument aux morts") der Stadt eingraviert und eine Straße ehrt ihr Andenken.



Pierre Ponath und Günther Schumacher

Pierre (Putty oder Puttes) Ponath, Elektriker bei der ARBED und Sohn eines Bergarbeiter, war Mitglied der Resistenzorganisation LFK (Lëtzebuerger Fräiheetskämpfer) und pflegte Kontakte zu anderen Resistenzlern.Am 23. August 1944 wurde er verhaftet und in das ehemalige Gendarmerie-Gefängnis in der Rue du Nord nach Esch gebracht, verhört und geschlagen. Aus Angst, dem Druck weiterer Verhöre nicht standhalten zu können, erhängt sich Ponath am 26. August in seiner Zelle.

Sein Leichnam wird von Friedrich Schmidt, in Begleitung von zwei weiteren Gestapo-Beamten, nach Nennig (Deutschland) gebracht und dort auf dem Friedhof anonym begraben.Nach dem Krieg werden seine sterblichen Überreest exhumiert und in Esch feierlich beigesetzt. Pierre Ponatz wird posthum mit den Ehrentiteln „mort pour la patrie“ („Gestorben für das Vaterland“) und „résistant“ („Widerstandskämpfer“) ausgezeichnet. Im Juni 2015 wurde in Esch-sur-Alzette ein Platz nach ihm benannt.9

Günther Schumacher war Mitglied der Differdinger Resistenzorganisation PI-MEN, für die er vor allem als Bote aktiv war. Günther Schumacher sollte am 3. August 1944 von der Gestapo verhaftet werden und wird bei einem Fluchversuch kaltblütig erschossen. Auch die Leiche von Günther Schumacher wird von Friedrich Schmidt nach Nennig gebracht und anonym verscharrt. Seine Gebeine wurden bis zum heutigen Tag nicht gefunden.

Weitere Informationen sind im Ausstellungskatalog "Gestapo-Terror in Luxemburg" ab Seite 105 zu finden.

 

 

Juristische Aufarbeitung nach dem Krieg

Das Tribunal de Premiere Instance in Rastatt für die Aburteilung von Kriegsverbrechen verurteilte Friedrich Schmidt 1949 in Abwesenheit zum Tode und begründete dies damit, dass alleine seine Anwesenheit bei den Erschießungen ohne Gerichtsverfahren und Urteil eine MIttäterschaft begründen würden, dass aber nach Zeugenaussagen von einer aktiven Beteiligung an den Morden auszugehen sei. 9

Das Urteil gegen Friedrich Schmidt wurde nie vollstreckt. Ein Ende der 50er Jahre eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt, da zwar viele seiner ehemaligen Gestapo-Kollegen verhört wurden, er aber von allen gedeckt wurde. Darüber hinaus wurde er von Kollegen als "charakterlich einwandfreie Persönlichkeit" geschildert, der etwas "derartiges nicht zuzutrauen sei". 10

Weder in Palzem noch in Nennig finden sich Gedenktafeln, die an die Erschießung der Widerstandkämpfer/innen erinnern.
Das möchten wir ändern.

 

1) LASaar_StAnw_2659, S.63, F.F.I. „Forces françaises de l’intérieur
2) LASaar_StAnw_2664, S.10
3) LASaar_StAnw_2665, S.232
4) LASaar_StAnw_2661, S.43
5) F.T.P.F. „Francs-tireurs et partisans français“ 
6) www.polejeanmoulin.com/page-28/page-107
7) LASaar_StAnw_2658

8) aus dem Urteil des Tribunal de Premiere Instance in Rastatt für die Aburteilung von Kriegsverbrechen gegen Friedrich Schmidt, LASaar_StAnw_2665
9) www.lequotidien.lu/luxembourg/esch-sur-alzette-place-au-heros-inconnu
10) LASaar_StAnw_2665
11) Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Friedich Schmidt