Recherchen zu Walter Laich, einem Besatzungssoldaten der Wehrmacht in Frankreich

Die Geschichte von Walter Laich haben wir in Zusammenarbeit mit Angela Laich im Januar/Februar 2015 in einem Vortrag und einer Ausstellung in Sigolsheim im Elsass erzählt. Informationen zu dieser Veranstaltung sowie unseren Vortragstext finden Sie hier.

Walter Laich wurde am 21.05.1920 im Winzer- und Industrieort Stuttgart-Feuerbach als Sohn eines städtischen Beamten und nebenberuflichen Weinbauern geboren. Feuerbach war in der NS-Zeit bedeutender Rüstungsstandort: Bosch stellte schon damals Elektronik für Fahrzeuge, Flugzeuge und Raketen her, andere namhafte Firmen produzierten Motoren- und Fahrzeugteile. Orden in unserem Familienbesitz belegen die Beteiligung von Verwandten an Kriegen gegen Frankreich seit 1870.

Während der Zeit der NS-Diktatur waren Beamte angehalten, ihre Kinder früh in den NS-Ideologisierungs­apparat zu schicken, der bei Walter offensichtlich verfing. Beträchtliche Teile der erhaltenen Dokumente aus seiner Schul- und Ausbildungszeit zeigen einen großen Einfluss nationalsozialistischer Propaganda wie Antisemitismus, Rassenwahn und Kriegstreiberei.

Persönlich war Walter künstlerisch talentiert und begann eine Ausbildung als Vermessungstechniker.

Walter kam Mitte 1941 nach knapp einjähriger Militärausbildung in der Kaserne „Adolf-Hitler-Lager” bei Jüterbog als Soldat in einer Vermessungseinheit der Wehrmacht nach Frankreich. Aus seiner gesamten Zeit, die er im Militär verbrachte, von Mitte 1940 bis Dezember 1944, liegt uns die vollständige Feldpostkorrespondenz, Briefe seiner Familie und Verlobten an ihn vor – insgesamt mehrere Kisten - und viele Fotos, die er in Frankreich aufgenommen hatte. Diese Informationen konnten wir mit vielen weiteren Quellen vergleichen und so ein Bild gewinnen, insbesondere über den letzten Abschnitt seines Einsatzes in Frankreich in Sigolsheim im Elsass.

Ab Anfang 1944 war er im Sicherungsregiment (motorisiert) 1000, diese Wehrmachts-Einheit wurde im Mai 1944 in die Brigade Jesser eingegliedert, deren Aufgabe die Bekämpfung der erstarkenden Résistance und FFI (Forces françaises de l’intérieur) in der Zentralmassiv-Region war. Ende August 1944 waren deutsche Besatzer und Truppen zum Rückzug aus Zentralfrankreich gezwungen.

So gelangte Walters Einheit nach verlustreichen Kämpfen am 16.12.1944 nach Sigolsheim bei Colmar. Dort tobten im Anschluss zweiwöchige brutale Kämpfe, die französische und US-Armeen stießen auf fanatischen Widerstand von Wehrmacht und Waffen-SS. Bis zum 27.12.1944 wurden Sigolsheim und einige andere der umliegenden Gemeinden vollständig zerstört.

In Sigolsheim wurde uns von Zitaten aus dem Kreis der damaligen deutschen Stadtkommandantur berichtet, welche in den Nachkriegsjahrzehnten gute persönliche Kontakte nach Sigolsheim aufbauten und pflegten. Darin wurde Walter als „der fanatischste von allen“ charakterisiert und einer, der „bis zum Endsieg kämpfen“ wollte.

Walter kam in den Morgenstunden dieses letzten Tages der deutschen Besatzung Sigolsheims ums Leben. Den Verbleib seines Leichnams konnten wir bislang nicht aufklären. Vielleicht blieben von ihm  aufgrund der besonders harten Kämpfe dieses Tages auch keine zuzuordnenden Teile übrig.

 

Quellennachweis:

[1] Historische Werbeanzeige von BOSCH

[2] Ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Stuttgart, Ein Beitrag zur noch nicht erforschten Geschichte der Stadt Stuttgart, Hrsg: IG Metall Stuttgart, VVN-BdA Stuttgart und Interessengemeinschaft der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter unter dem Naziregime, 1997 (antiquarisch), Broschüre

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