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Am 14. und 15. Juli 2024 beschäftigte sich ein zwei­tägiges Colloquium in Bourg-Lastic in der Auvergne mit dem historischen Rahmen des Massakers und dem damaligen bewaffneten Widerstand in der Region. Die verbrecherische Kriegs­führung von Wehrmacht, SS, Gestapo und SD in dieser zentralen französischen Großregion ist in Deutschland kaum bekannt und nahezu unerforscht.

Das Colloquium war eingebettet in die Gedenk­tage aus Anlass des 80. Jahrestags des Massakers am 15. Juli 1944 an 23 Bewohnern des Ortes durch den SD und das Sicherungs­regiment 1000 als Teil der Brigade Jesser. Sechs weitere Bewohner*innen wurden in Konzentrations­lager nach Nazi­deutschland verschleppt, zwei davon überlebten nicht, einer starb kurz nach der Befreiung.


Drei Biografien von deutschen Verantwortlichen für die damaligen Repressalien wurden im Colloquium umrissen:

  • Der Kommandeur Curt Jesser und Versuche seiner juristischen Strafverfolgung durch die französische Justiz.
  • Der für die Repressalien federführende SD-Agent Martin Hecktor, der vor dem Krieg mehrere Jahre in der Region lebte.
  • Franz Kaube, Student der Theologie, vom Kommandanten des Sicherungs­regiments 1000 Wilhelm Vonalt zum Leiter des Erschießungs­kommandos des 15. Juli befehligt.

Weiteres Thema war der internationale Kontext des Nachkriegs-Europas und dessen Einfluss auf die juristische Nach­bearbeitung der Täter­schaften.
Reflektionen über die Entscheidung zum Verbrechen und zur extremen Gewalt beleuchteten das Massaker aus einem generelle Blick­winkel.
Aus der Praxis wurden Erfahrungen mit geschichtlichen Schul­projekten und deren Wichtigkeit thematisiert.

Wir freuen uns sehr, eingeladen worden zu sein für einen Beitrag zum Colloquium. Wir gaben dort einen Einblick in das Bedürfnis der deutschen Nach­kriegs­gesellschaft nach einem Schluss­strich im offiziellen Rahmen ebenso wie im Privaten. Wir beleuchteten insbesondere das Innenleben der Täter­familien, das inter­generationelle Tradieren des Ignorierens und Verleugnens, des Erfindens von Widerstands­mythen und deren unhinterfragte Weiter­gabe in den Familien. Wichtig ist dabei der Kontext, dass nahezu alle deutschen Familien durch Täter­schaften geprägt waren. Im Gegensatz dazu steht der durch die MEMO-Studien offen­gelegte falsche Glaube von fast 30% der Befragten, ihre Vorfahren hätten in irgendeiner Weise Widerstand oder Unter­stützung von Verfolgten geleistet.

Informationen zum Hintergrund siehe „Broschüre über die Verbrechen des Sicherungs­regiments 1000 und des SD im französischen Bourg-Lastic im Sommer 1944“.